Montag, 26. Juli 2010

Beyond my eyes, my muscles will survive

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Shaun Ross war eindeutig - und wie gut zu sehen - der Anführer der hippiesken Model-Crew, die Katja Schlegel und Kai Seifried von Starstyling Berlin über den Laufsteg schickte. Anti Avanti, so der klangvolle Name der Kollektion, die mit sehr viel Denim in weiten Schnitten daher kommt, gerne auch mit sehr bunten, glitzernden, nonfigurativen Applikationen. Im Kontrast dazu schwebten die Models in leichten, transparenten Stoffen über den Laufsteg, oder auch in knappen Hotpants mit den Titel der Kollektion auf den hübschen Poppöchen.

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Auffälig war die ungewöhnliche Auswahl der Models. Starstyling setzte auf Charaktergesichter, eigenwilige Typen und verneinte dabei den Einheitslook der Mannequins. Bunte Haare, außergewöhnliche Gesichter, und - ungewöhnlich! - verschieden groß: Die Models ließene sich schwer auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Für diese These der Ungleichheit stand bei der Show selbstverständlich das Model
Shaun Ross Pate, der sich nur schwer durch sein ungewönliches Erscheinen einordnen lässt. Doch die Show stahl ihm fast Mario Galla, der in Shorts mit Beinprothese über den Laufsteg schritt. Der 23- Jährige Hamburger ist im Business kein Unbekannter, schon Hugo Boss schickte ihn auf den Catwalk - jedoch in langen Hosen, ohne sein Handicap zur Schau zu stellen. Galla, ein wahrlich hübscher Kerl, erfüllt alle Kriterien eines erfolgreichen Male Model, wäre da nicht dieser befremdliche Anblick der künstlichen Gliedmaßen. Galla wurde zunächst nur für Beautyshots und Portraits gebucht, oder eben der Makel- falls es denn einer ist (und was ich durchweg verneine) - durch Kleidung verdeckt.

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Erst 2009, als die Karriere für Galla schon Aufwind genommen hatte, wurde seine Prothese in einem Editorial von Fotograf
Franck Glenisson in Szene gesetzt. In einer ganz unglaublichen, verwunschenen Fotostrecke, die das Model als isolierte Träumer, der von seiner eigenen Schüchternheit eingeschlossen und nur beim Lesen von Flauberts Madame Bovary seiner Welt entfliehen kann. Beyond my eyes, my muscles will survive, so der Titel des Konzepts.

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Zurück zur Fashionweek. Auch Michalsky schickte das Model, das seit seiner Geburt ein verkürztes Bein besitzt, über die Laufsteg, mit dem Handicap - welches Galla selbst nie als solches empfunden hat - gut ersichtlich.

Ist es Provokation? Ein Garant für Schlagzeilen? Galla, beziehungsweise Michalsky, schaffte es so zumindest wenige Tage nach der Show in die Bildzeitung. Oder ist es ein Zeichen für mehr Toleranz und gegen die großen Ideale der Modebranche? ich selbst glaube eindeutig nicht an letzteres. Erst, wenn ich Models sehe, die komplett dem gängigen Schöheitsideal entsprechen, vielleicht. Und selbst dann würde ich dahinter eine gut durchdachte Kampagne vermuten. "
Mode ist das Metier der Ungerechtigkeit", sagte einst Kar Lagerfeld. Wer die Vorstellung nicht erfüllt, ist dabei schnell ausgeschieden. Dennoch brennt die Frage umso mehr: Warum schicken dann Designer, sogar gleich mehrere, ein so ungewöhnliches (aber sehr schönes) Model über den Laufsteg, die seine "Andersheit" (dieses Wort gibt es wirklich!) so überdeutlich in Szene setzen? Woher diese Wandlung, wo doch die Prothese zunächst versteckt wurde? Wird das Mannequin durch sein Handicap zur Kunstfigur stilisiert, und wenn ja, ist das moralisch vetretbar? oder wird hier ein Schicksal als Mittel zum Zweck gebraucht? Oder spielt es ganz einfach und schlichtweg keine Rolle?
Was meint ihr? Was steckt dahinter, was ist die Motivation der Designer?

Bilder von beyond my eyes, my muscles will survive via yvymag
Dort auch ein Interview mit Mario Galla.

9 Kommentare:

  1. Ich glaube, es geht eher um das Mittel zum Zweck. Wenn man es ganz hart sagen will: vor zwei Jahren waren es die Red Heads, die jeder haben wollte und jetzt sind es andere, die optisch aus der Reihe der Models mit Gardemaß und Zahnpastalächeln fallen.
    Bei Michalsky kann ich mir vorstellen, dass die Provokation nicht kalkuliert war, er bekommt ja schon genug Presse und ist längst etabliert. Dagegen hat Patrick Mohr, der ja auch gerade in Berlin präsentiert hat, mit seinen Unisex-Glatzen und Bärten in der ganzen Welt Presse gehabt, und dabei ging es fast nie um die Kollektion, die er gezeigt hat...

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  2. Ich denke die Frage, ob es denn moralisch vertretbar ist, muss nicht unbedingt gestellt werden. Models mit "Makel" freuen sich über die neuen Aufträge, die Designer freuen sich über die Provokation. Zudem wird in der Mode immer auf das Aussehen reduziert, von daher ändert sich im Prinzip nichts.

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  3. Naja, ich denke nicht dass man die Welle von rothaarigen Models damit vergleichen kann.
    Es gibt allgemein in der Gesellschaft eine Entwicklung hin zum Individuellen, da bleibt auch ( oder gerade ) die Modebranche nicht davon verschont.
    Andererseits... Modelmaße und schöne Wangenknochen müssen auch diese "andersartigen" Models mitbringen.

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  4. "Woher diese Wandlung, wo doch die Prothese zunächst versteckt wurde?" - das war die entscheidung des models, er wollte zunächst kein bilder machen, bei der die prothese sichtbar war! (kam bei rtl letztens ^^)

    ich denke mir nur irgendwie - wenn man mittlerweile selbst albinos und menschen ohne bein über den laufsteg schickt, warum denn nicht auf endlich menschen mit normalgewicht?!

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  5. War nicht meine Entscheidung! Ist immer die Entscheidung des Kunden! Hab ich im Inteview auf RTL auch deutlich gemacht.

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  6. ist dein gesicht moralisch vertretbar? ist meines moralisch vertretbar? wer entscheidet über solche dinge? wie kann ein mensch oder ein (in diesem fall fehlender) teil eines menschen moralisch vertretbar oder moralisch nicht vertretbar sein?

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  7. du verstehst mich falsch. natürlich ist jeder teil eines menschen moralisch vertretbar, so ein unsinn, das überhaupt zur debatte zu stellen. lies doch mal den teil des satzes davor: Ich stelle in Frage, ob es vetretbar ist, aus so etwas profit zu schlagen: denn die Schlagzeilen (= Werbung) waren ja durchaus da. Eine geplante Provokation also.

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  8. aber wenn aus 16-jährigenmädchen profit geschlagen wird, stellt auch keiner die frage ob das moralisch vertretbar ist. und, so weit ich das ersehen kann, wird das model in dieser situation nicht gezwungen seine prothese zu zeigen. es erweckt auch nicht den anschein, dass das model in einer hilflosen situation ausgenutzt wird, wie das zum beispiel ab und an mit unfallopfern geschieht. die frage ob etwas in der mode-/werbewelt moralisch vertretbar ist, ist im grunde eine frage der selbstbestimmung. hätte sich das model geweigert seine prothese zu zeigen und es wären irgenwelche fotos, in denen das model bloßgestellt würde, würde ich deine frage verstehen. aber in diesem falle erscheint sie mir überflüssig.

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  9. Hab deinen Blog gerade erst gefunden, muss hier auch mal was dazu sagen:
    Shaun Ross finde ich echt einfach nicht gut aussehend, das hat gar nichts damit zu tun, ober er Albino ist oder nicht - er hat einfach kein hübsches Gesicht.
    Mario Galla wiederum, ist einfach nur schön. Dieser mann hat eine Aura, die den Fokus nicht auf die Prothese lenkt, er hat ne spitzen Figur und einfach ein richtig schönes Gesicht. das macht ihn doch zum perfekten Model!
    Schade, wenn es so gesehen wird, dass seine Prothese als Mittel zur Provokation genutzt wird - denn das hat er wahrlich nicht nötig!!!

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